Ich war nur selten in meinem Leben bei einer Diätberatung oder unterhielt mich mit einem Arzt übers Abnehmen, aber wenn, war oft der erste Ratschlag: „Sie müssen unbedingt frühstücken. Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.“

Da kann ich nur eindeutig sagen: Ist es nicht. Nicht für mich.

Ich habe morgens keinen Hunger, und mir dann etwas hineinzwingen zu müssen grenzt nah an Folter.

Mein Körper ist frühmorgens offensichtlich noch nicht auf Nahrungsaufnahme eingestellt. Erst so zwei oder drei Stunden nach dem Wachwerden meldet sich mein Magen.

Diese Art zu essen ist aber bei keiner Diät „erlaubt“. Immer wieder las ich, dass man das Frühstück nicht „weglassen“ sollte, nicht „auf das Frühstück verzichten“ sollte. So als ob ich nicht frühstücken würde, obwohl ich Hunger hätte. Vielleicht um ein paar Kalorien einzusparen.

Es gibt möglicherweise Menschen, die das tun – obwohl ich es bezweifle. Wenn überhaupt, wird wohl eher das Abendessen weggelassen, um Kalorien einzusparen, das sogenannte „Dinner Cancelling“ –, aber ich denke, es gibt Leute, die von Natur aus frühstücken, und Leute, die von Natur aus nicht frühstücken.

Ich gehöre offensichtlich zur letzteren Gruppe, und wenn ich jemand sagen höre: „Also wenn ich nicht bald nach dem Aufstehen frühstücke, wird mir richtig schwindlig“, dann ist das wohl jemand, der zur ersten Gruppe gehört.

Die meisten Menschen merken schon als Kind, zu welcher Gruppe sie gehören, aber sie werden oft gezwungen, nicht darauf zu achten beziehungsweise gegen ihre inneren Bedürfnisse zu handeln. Denn Frühstück ist ja wie gesagt angeblich die wichtigste Mahlzeit des Tages.

Das ist sie auch: für die Leute, die von Natur aus morgens essen müssen.

Sie ist es aber nicht für Leute, die morgens keinen Hunger haben.

Wenn man also zur zweiten Gruppe gehört, bekommt man von klein auf das Gefühl vermittelt, dass man etwas falsch macht. Alle anderen stürzen sich morgens wie die Wölfe aufs Essen, warum du nicht auch?

Wenn man dann dazu gezwungen wird, morgens zu essen, gerät alles durcheinander. Unser Körper meldet eindeutig „Ich will nicht essen“, aber wir stopfen trotzdem etwas in ihn hinein.

Das ist, wie wenn man jemand aus dem tiefsten Schlaf reißt und dann von ihm erwartet, er soll sofort perfekt funktionieren. Das wird wahrscheinlich in die Hose gehen.

Und so ist es auch mit dem Frühstück. Menschen, die sich hungrig an den Frühstückstisch setzen, machen es richtig. Ihr Körper ist auf Nahrungsaufnahme eingestellt, alle Enzyme stehen bereit, um die Nahrung zu verdauen. Das ist optimal.

Wenn man sich jedoch an den Frühstückstisch setzt, ohne hungrig zu sein, und dann isst, gibt es keine Enzyme, die bereitstehen. Manchmal kommt der Appetit beim Essen – das heißt, der Körper bemüht sich, das bereitzustellen, was benötigt wird –, morgens jedoch war das bei mir nie der Fall.

Ich bekam einfach nichts herunter. Wenn ich versuchte zu essen, wurde mir manchmal sogar schlecht.

Später dann, in der Schule, so in der dritten Stunde, um zehn Uhr herum, bekam ich Hunger. Nur konnte ich dann natürlich nicht essen, mitten im Unterricht.

Leider wusste ich damals nicht, was ich heute weiß, nämlich dass man, wen man Hunger hat, essen soll. Also unterdrückte ich mein Hungergefühl, und mit der Zeit hatte ich dann keinen Hunger mehr, auch später während des Schultages nicht. Ich brachte mein Schulbrot wieder mit nach Hause.

Selbst wenn man nicht genau zu dem Zeitpunkt essen kann, an dem man Hunger hat, sollte man es auf jeden Fall dann tun, sobald man Gelegenheit dazu hat, das wäre bei mir also in der nächsten Schulpause gewesen. Aber bis dahin hatte sich mein Hungergefühl verflüchtigt, und ich dachte nicht mehr an Essen, hatte kein Bedürfnis zu essen.

So machen uns schon die festgelegten Essenszeiten von klein auf einen Strich durch die Rechnung, uns natürlich schlank zu ernähren.

Immerhin können wir aber, wenn wir erwachsen sind, selbst entscheiden, wann wir essen – und auch, wann wir nicht essen.

Sehr lange wurde uns allerdings ein Horrorszenario vorgehalten, wenn wir nicht frühstücken würden: nämlich dass wir dann den Rest des Tages mehr essen würden, weil wir aufgrund des fehlenden Frühstücks Heißhungerattacken entwickeln würden.

Ebenfalls wieder etwas, das eventuell für Leute zutrifft, die morgens Hunger haben, aber sicherlich nicht für Leute, die morgens keinen Hunger haben. Im Gegenteil. Zwang ich mich morgens etwas zu essen, hatte ich den ganzen Tag über Hunger, wurde nie richtig satt. Vermutlich, weil mein Insulinspiegel durcheinandergeraten war.

Aß ich hingegen morgens nichts, verliefen die anderen Mahlzeiten im Laufe des Tages normal. Es trat nach gewisser Zeit ein Sättigungsgefühl ein.

In letzter Zeit ist der Mythos vom Frühstückenmüssen glücklicherweise durch Untersuchungen widerlegt worden. Es kam nämlich dabei heraus, dass Leute, die morgens nichts essen, mitnichten den restlichen Tag über mehr essen. Das entspricht meiner Erfahrung. Zum Schluss kommen also an einem Tag ohne Frühstück weniger Kalorien heraus als an einem Tag mit Frühstück. Was ja auch ganz logisch ist, da man nur zwei statt drei Mahlzeiten zu sich nimmt.

Bei natürlich schlank sollte sich jeder nach seiner Erfahrung richten. Denn kein Außenstehender kann uns sagen, wie wir fühlen oder welche Konsequenzen unser eigenes Essverhalten hat. Das sehen nur wir selbst.

Gut, unser Übergewicht sehen auch andere, aber was der Grund dafür ist, das wissen wir selbst wohl am besten.

Wenn wir unseren Körper entscheiden lassen, was und wann er essen will, können wir nichts falschmachen.