Gestern unterhielt ich mich mit einer Frau, die noch nie etwas von »natürlich schlank« gehört hatte. Sie kämpft gerade wieder mit ihrem Gewicht – wie andauernd –, aber sie ist vollkommen vom Diätdenken beherrscht. Sie beschränkt sich für eine Weile, dann nimmt sie ein paar Kilo ab, und danach isst sie wieder »normal« – und nimmt wieder zu, mehr als zuvor. Sie ärgert sich zwar darüber, aber sie begreift einfach nicht, dass Diäten nicht schlank machen. Sie reduzieren nur für eine begrenzte Zeit das Gewicht. Im besten Fall.
Sie äußerte denn auch Bedenken, dass ich wieder zunehmen könnte, wenn ich mit meiner »Diät« aufhöre. Sie kann sich nicht vorstellen, dass ich ohne Diät abgenommen habe. Auch als ich ihr erklärte, dass ich nie wieder mit »natürlich schlank« aufhören werde, weil es jetzt meine normale Art der Ernährung ist, schaute sie mich nur mit großen Augen an. Dass man so essen kann, dass man nie wieder Diät machen muss, überstieg ihr Fassungsvermögen. Für sie ist Abnehmen gleich Diät.
Und wenn man die ursprüngliche Bedeutung des Wortes anschaut, hat sie auch absolut recht. Denn Diät bedeutet nichts anderes als Lebensweise. Unsere Diät – also unsere Lebensweise – macht uns dick, und ebenso kann unsere Lebensweise uns schlank machen und schlank halten. Natürlich schlank.
Im Grunde genommen verhalten wir uns ganz richtig, wenn wir uns den Bauch vollschlagen, solange viel zu essen da ist. So haben es auch unsere Vorfahren gemacht, in grauer Vorzeit, als Essen Mangelware und schwer zu bekommen war. In einer Mangelsituation ist es wichtig, so viel wie möglich zu essen, wenn man kann. Man weiß ja nie, wann man das nächste Mal wieder etwas bekommt, also gilt es, so viel Fett wie möglich anzuhäufen, damit man dann in Hungerzeiten davon leben kann. So funktioniert unser Körper, und das kann er gut. Wenn wir nicht jeden Tag wieder so viel essen ...
Das eben ist das Problem. Wir essen jeden Tag. Wir essen sogar mehrmals jeden Tag. Regelmäßig. Woche für Woche. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Nie gönnen wir unserem Körper eine Auszeit oder Erholung. Manche Leute essen den ganzen Tag, fast ohne Unterbrechung, einen Snack nach dem anderen, eine Kleinigkeit nach der anderen, ein süßes Gertränk nach dem anderen. Aber auch wenn man nur dreimal am Tag isst, ist das, was wir dabei zu uns nehmen, mehr als genug. Und setzt dementsprechend an. Worüber wir uns wirklich nicht wundern sollten. Das ist der Lauf der Natur, die uns beschützen will, uns fit machen will für schlechte Zeiten.
Die nie kommen. Das wissen wir alles, aber trotzdem ist dieses Verhalten so in uns eingeprägt, unsere Gene haben sich nach so kurzer Zeit der ständigen Nahrungsversorgung – schließlich sind das erst ein paar Jahrzehnte nach Ende des letzten Krieges – einfach noch nicht umstellen können, dass wir uns genauso verhalten wie unsere Vorfahren, die sich nicht eines solchen Luxus' erfreuten.
Wir machen also nichts Falsches. Wir tun genau das Richtige. Nur die fehlenden Hungersnöte oder harten Winter ohne Nahrung machen uns einen Strich durch die Rechnung. Weil sie nicht kommen, können wir unser von Natur aus so nützliches Übergewicht nicht abbauen, nicht zu dem Zweck verwenden, zu dem es gedacht ist, nämlich uns dann am Leben zu erhalten, wenn wir uns von außen nichts oder kaum mehr etwas zuführen können. Da hilft dann nur Fasten, um die ausbleibenden Hungersnöte zu imitieren.
Aber »natürlich schlank« ist nicht Fasten. Man kann so viel essen, wie man will, jeden Tag, mehrmals am Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr, und wird trotzdem schlank. Es geht also nicht darum, eine künstliche Hungersnot zu erzeugen, ganz und gar nicht. Im Gegenteil: mit natürlich schlank ist man immer satt.
Wir haben also zwei Möglichkeiten: Entweder wir imitieren die Lebensweise unserer Vorfahren, schlagen uns den Bauch voll, fasten, schlagen uns wieder den Bauch voll, fasten usw. Oder wir richten uns nach unserem Körper, indem wir genau das essen, was er uns sagt, genau dann essen, wenn er es uns sagt, und dann aufhören, wenn er es uns sagt. Das sind drei der vier Regeln von natürlich schlank, die vierte, langsam und bewusst zu essen, lange zu kauen, das Besteck oder das Brot zwischen jedem Bissen abzulegen, zu warten, es erst eine Minute später wieder aufzunehmen, ist eher eine Verhaltensregel. Dabei kann uns unser Körper nicht viel helfen. Das müssen wir vom Kopf steuern.
Dennoch habe ich festgestellt, dass ich automatisch langsamer esse, seit ich natürlich schlank mache. Das Bedürfnis, alles so schnell wie möglich in mich hineinzustopfen, wenn ich Hunger habe, ist nicht mehr so vorhanden. Oder es legt sich nach dem ersten, zweiten Bissen. Mein Körper reagiert schneller auf die Nahrungszufuhr, ist schnell beruhigt »Aha, es gibt anscheinend was zu essen, keine Hungersnot« und sendet nur eher gemütliche Signale. Durch das schnelle Essen früher habe ich diese Signale wohl ständig überschrieben, denn jetzt funktioniert es einwandfrei.
Deshalb funktioniert natürlich schlank in jeder Situation. Wir müssen nicht darüber nachdenken. Es gibt keine komplizierten Regeln. Die brauchen wir auch nicht. Das Leben ist kompliziert genug. Und sobald sich unser Körper an das langsamere Essen gewöhnt hat, müssen wir nicht einmal mehr darauf achten.
Ich sehe immer noch dieses Bild vor mir aus der Dokumentation über Paul McKenna, bei dem eine junge Mutter mit ihren beiden Kindern zu Hause Pizza backt. Und dann auch mit ihnen zusammen isst. Alle haben viel Spaß an der schönen, bunten Pizza, aber weder die Kinder noch die Mutter stopfen die Stücke so schnell wie sie können in sich hinein. Sie nehmen sich ein Stück, beißen ab, unterhalten sich, legen das Stück wieder hin (sie saßen nicht am Tisch, sondern machten eine Art Picknick auf dem Wohnzimmerteppich, mit einer Picknickdecke darüber), kauen in Ruhe, greifen dann wieder nach dem angebissenen Stück, beißen ein weiteres Stück ab, legen es wieder hin ... Und wenn sie keinen Hunger mehr haben, bleiben die angebissenen Stücke eben endgültig liegen. Die Mutter fordert die Kinder nicht dazu auf, ihr Stück aufzuessen oder ihren Teller leerzuessen, und sie selbst tut es auch nicht.
Am Anfang der Doku gab es Bilder von ihr von einem Jahr zuvor. Da sah sie noch sehr pummlig aus, berichtete darüber, dass sie ihr ganzes Leben lang mit ihrem Gewicht kämpft und besonders seit der Geburt der Kinder ihren Bauch nicht mehr loswird. Dass sie schon alles versucht hat, die berüchtigten Eiweißdrinks eingeschlossen, aber sie schafft es einfach nicht.
Ein Jahr später sitzt sie rank und schlank mit ihren Kindern auf dem Teppich und isst Pizza. Entspannt und glücklich. Und es war ganz leicht, die Kilos abzunehmen. Weil sie gelernt hat, auf ihren Körper zu hören, statt sich mit Diäten zu quälen.
Natürlich schlank ist nichts, wofür man sich quälen muss. Es ist nichts, was dazu führt, dass man ständig über Essen nachdenkt, was darf ich essen, was nicht? Wie viele Kalorien habe ich noch? Oh Gott, hat das viel Fett! Oh Gott, hat das viele Kohlenhydrate! Nein, das darf ich nicht! Und umso größer wird das Verlangen nach genau diesen Dingen, bis wir uns nicht mehr beherrschen können.
Wenn wir uns Dinge verbieten, wird das nie lange gutgehen. Bei natürlich schlank geht es darum, sich Dinge zu erlauben. Seinen Körper zu fragen: Willst du das? Und wenn der Körper ja sagt, es ihm auch zu geben. Wenn wir hungrig sind, zu essen. Nicht auf die Uhr zu schauen: „Sind die fünf Stunden schon um, in denen ich nichts essen darf?“ Nicht in eine Kalorientabelle zu schauen: „Wie viele Kalorien hat das?“ Nicht zu überlegen: „Wie viele Kohlenhydrate sind das?“ oder auch „Wie viel Fett ist das?“
Das alles ist Diätdenken, und das brauchen wir nicht mehr. Und wenn wir ehrlich sind, hat es ja auch nie funktioniert. Eine natürliche Methode, bei der wir die Bedürfnisse unseres Körper kennenlernen, die ganz selbstverständlich da sind, die wir uns nicht angewöhnen müssen wie ein künstliches Essverhalten, das nichts mit unserem täglichen Leben zu tun hat, funktioniert ganz von selbst.
Es gibt nur eine einzige Voraussetzung: einmal auf unseren Hunger zu warten. Sobald wir unseren Hunger wieder wahrnehmen, ihn aber nicht im Regen stehen lassen, sondern dann auch essen, beginnt der Körper sich wieder normal zu verhalten. Wenn wir langsam und bewusst essen, werden wir dann auch das Sättigungsgefühl spüren. Und dann hören wir sofort auf zu essen. Die meisten Kinder tun das von selbst, wenn sie nicht zu etwas anderem gezwungen werden, aber als Erwachsene haben wir verlernt – oder es ist uns aberzogen worden –, uns so natürlich zu verhalten.
Zurück zur Natur, kann man da nur sagen. Lassen wir es einfach wieder zu, dass unser Körper so funktionieren darf, wie er eigentlich gebaut ist.
Dann geht alles so einfach, wie wir es uns nie hätten vorstellen können.