Ich war mir nicht sicher, ob ich es schaffe, nur zweimal am Tag zu essen. Das Zitat stammt nicht von mir, sondern von einer Frau, die erst durch ihre Fettleber quasi dazu gezwungen wurde, sich mit dem Fasten auseinanderzusetzen.

Eine Fettleber gab es früher nur bei Alkoholikern. Dachte man jedenfalls. Deshalb war dann oftmals die erste Frage, wenn so etwas bei einer Untersuchung festgestellt wurde: »Wie viel Alkohol trinken Sie denn so am Tag?« Das war für viele Frauen, die gar nicht oder sehr wenig tranken, dann wie ein Schlag ins Gesicht. Und niemand konnte sich erklären, warum ein Mensch, der gar keinen oder nur sehr wenig Alkohol trinkt, überhaupt eine Fettleber haben kann.

Mittlerweile wissen wir, was der Grund ist: Kohlenhydrate. Und deshalb wird jetzt zwischen der alkoholischen und der nicht-alkoholischen Fettleber unterschieden. Das Verwirrende an einer Fettleber bei schlanken Menschen ist damit auch aufgelöst. Auch ein schlanker Mensch kann ein Problem mit Kohlenhydraten haben, kann zu viele Kohlenhydrate essen und damit seinen Insulinspiegel in die Höhe treiben, und wenn das so ist, dann setzen sich die Kohlenhydrate als Fett an der Leber fest, ohne dass man es merkt.

Das ist nicht gut, denn ohne unsere Leber sind wir ziemlich aufgeschmissen. Die Leber ist in unserem Körper ein sehr zentrales Organ, ohne dass gar nichts geht. Also sollten wir gut auf sie achten oder sie sobald wie möglich wieder von dem Fett befreien, das sich an ihr angesammelt hat, wenn das dann unglücklicherweise einmal passiert ist.

Die Methode der Wahl ist auch hier wieder Intervall-Fasten. Dadurch wird das Fett an der Leber abgebaut, und die Leber kann wieder frei atmen, sozusagen. Sie kann ihre lebenswichtige Funktion für uns wieder ausüben.

Was ich nur interessant fand, war, dass diese Frau als erstes die zwei Mahlzeiten am Tag, die sich meistens durch das Intervall-Fasten ergeben, erwähnte. Als ob das eine besondere Hürde wäre. Anscheinend können die meisten Menschen sich gar nicht vorstellen, weniger als drei oder vier oder fünf Mahlzeiten (denn das sind es ja oft, die Snacks mitgezählt, manchmal sogar mehr) am Tag zu sich zu nehmen. Obwohl glaube ich bei niemandem von uns die Gefahr des Verhungerns besteht. Es ist einfach nur Gewohnheit.

Allerdings eine Gewohnheit, die uns von außen aufgedrängt wurde. Sie kommt nicht natürlich aus uns heraus. Als ich ein Kind war, gab es keine Snacks. Die Supermarktregale waren nicht voll mit Chips und Süßigkeiten. Ehrlich gesagt gab es noch nicht einmal Supermärkte. Wir gingen bei unserem Kaufmann auf der anderen Seite der Straße einkaufen. Ein kleiner Laden, in dem es alles gab, was man so täglich brauchte wie Brot, Käse, Milch, Eier. Man konnte dort auch Glühbirnen oder Bleistifte kaufen. Der Laden war vielleicht 50 Quadratmeter groß, also konnte man dort nicht viel unterbringen. Es gab im Prinzip keine Tüten. Dafür war einfach kein Platz. Wenn man Fleisch oder Wurst kaufen wollte, ging man zum Metzger. Und wenn man ein anderes Brot kaufen wollte als das eine, das es beim Kaufmann gab, ging man zum Bäcker. Das waren alles verschiedene Läden, für die man die Straße entlanglaufen musste, nicht ein großer Laden, in dem man alles kaufen konnte. Wir hielten das damals für normal.

Genauso hielten wir es für normal, dass wir Frühstück, Mittag- und Abendessen aßen und dazwischen nichts. Kein Mensch wäre auf den Gedanken gekommen, sich ständig etwas in den Mund zu stopfen. Oder gar auf der Straße zu essen. Das galt als sehr unhöflich, als ein Zeichen für schlechte Manieren, für mangelnde Erziehung. Und wir hatten weder Heißhungerattacken noch haben wir uns stundenlang mit nervenzerrendem Hunger gequält oder sind gar verhungert. Man war satt bis zur nächsten Mahlzeit, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie das funktioniert. Übergewicht war so gut wie nicht vorhanden.

Niemand damals hat sich Gedanken darüber gemacht, ob man zwei, drei oder vier Mahlzeiten am Tag essen sollte. Man aß, wenn man Hunger hatte. Oder es war eben ein festes Ritual, morgens zu frühstücken, dann um zwölf oder ein Uhr Mittag zu essen, und wenn man nach der Arbeit nach Hause kam, aß man so gegen sechs Uhr Abendbrot. Es gab dazwischen sehr lange Essenspausen, in denen man vielleicht Kaffee trank, aber nicht aß. Manche Leute aßen auch damals bereits nur zwei Mahlzeiten am Tag, weil sie morgens keinen Hunger hatten, aber es war kein Thema. Es gab auch Leute, die das Abendessen oder das Mittagessen wegließen, aber auch darüber wurde kaum gesprochen. Jeder tat ziemlich automatisch das, was sein Körper ihm sagte. Essen war nicht so wichtig. Man sprach nicht darüber, man tat es einfach, weil man eben essen muss, um zu existieren.

Was aber sehr auffällig ist, ist das, was man aß. Man aß natürliche Lebensmittel. Weil es gar nichts anderes gab. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, eine Packung aufzumachen, um Mittag zu essen. So etwas gab es einfach nicht. Es gab schon Konserven, das ja, aber das war etwas, das die meisten Leute nicht regelmäßig aßen. Es war eher ein Notprogramm. Man hatte eine Büchse Gulaschsuppe im Schrank, falls man einmal überhaupt keine Zeit haben würde zu kochen. Fertiggerichte waren so gut wie unbekannt. Es gab weder McDonald’s noch andere Junkfood-Ketten.

Allerdings war es auch nicht so, dass wir nichts in der Art hatten. Wir hatten Frittenbuden. Da gab es Pommes Frites, Schaschlik und Currywurst, vielleicht auch eine hausgemachte Frikadelle. Aber das war es dann auch schon. Und zur Frittenbude zu gehen war eher so eine Notlösung wie eine Konserve aufzumachen, für außergewöhnliche Zeiten. Man tat das normalerweise nicht täglich. Gut, es gab einige alleinlebende Männer, die nicht kochen konnten oder wollten, die sah man regelmäßig an der Frittenbude. Aber die hat man dann eher bemitleidet. Und wenn sie nicht literweise Bier in sich hineinschütteten, waren sie noch nicht einmal dick.

Dann aber begann das Zeitalter der Industrielebensmittel. Das Zeitalter der Supermärkte. Das Zeitalter der verpackten Snacks und der Fertiggerichte. Am Anfang fanden wir Fertiggerichte sehr merkwürdig. Und sie schmeckten auch nicht. Auch da waren die meisten, die das aßen, bemitleidenswerte alleinlebende Männer, die nicht kochen konnten. Als nächstes kamen Wimpy und McDonald’s. Und mit all diesen Entwicklungen ging es mehr und mehr abwärts. Plötzlich sah man Leute auf der Straße essen, obwohl man sich selbst vielleicht noch dafür geschämt hätte, sich so schlecht zu benehmen, und man hörte von Leuten, die tatsächlich nicht selbst kochten, sondern irgendwelche Packungen aufmachten. Es war aber lange Zeit immer noch nicht das Normale.

Dennoch ermöglichte diese Entwicklung es, dass man sehr viel schneller essen konnte, ohne vorher lange einkaufen und kochen zu müssen. Auch dass man öfter essen konnte. Und da schlug die Empfehlung für Diabetiker, öfter zu essen als dreimal am Tag, in eine Kerbe, die man vorher gar nicht gekannt hatte. Wenn man das hörte, wunderte man sich sehr, was das bringen sollte. Aber Diabetiker waren meistens auch sehr dick, und also sah man, dass öfter zu essen zu Übergewicht führte. Klar. Wenn man öfter isst, isst man zum Schluss mehr und nimmt zu.

Dachten wir damals. Weil es logisch ist. Aber die Logik wurde uns schnell abgewöhnt, indem es hieß, nein, öfter essen ist nicht schlecht für uns, sondern gut für uns. Da sich mittlerweile der Inhalt unserer Nahrung immer mehr in Richtung Zucker und schnelle Kohlenhydrate entwickelt hatte, nahm das Übergewicht zu, und wir hörten auf diesen Rat der Ärzte, dass wir unbedingt öfter essen müssen, um schlank zu werden.

Hat natürlich nicht funktioniert. Wir wurden alle dicker und dicker. Weil unser Körper ständig auf einem hohen Insulinniveau gehalten wurde, sodass selbst Leute, die vorher schlank gewesen waren und keinen Diabetes hatten, dick wurden. Das führte zu der Übergewichts-Epidemie, die wir heute haben, und die führte zu immer mehr Diäten, zu immer öfter essen am Tag, immer mehr snacken (weil uns dazu geraten wurde, und irgendwann haben wir uns daran gewöhnt, hielten das für normal), zu immer mehr Essen aus der Tüte oder aus der Packung für den schnellen Zuckerschub, weil unser Leben ja auch immer hektischer und stressiger wurde. Wer hatte da noch Zeit, in Ruhe zu kochen und zu essen? Es musste schnell gehen. Das, was früher die Ausnahme am Tag gewesen war, nämlich die Mahlzeiten, bei denen man sich erholte und zur Ruhe kam, wurde praktisch zur Regel den ganzen Tag über. Ohne Pause. Und von Ruhe und Erholung beim Essen keine Spur.

Und dann wunderte man sich noch, woher das alles kommt.

Es ist überhaupt nicht verwunderlich, aber lange Zeit kannten wir die Zusammenhänge nicht. Und die Ärzte kannten sie auch nicht. Ärzte kennen sich ohnehin nicht mit Ernährung aus, das ist nicht Teil ihrer Ausbildung. Sie werden dazu ausgebildet, Pillen zu verschreiben, nicht Ernährung. Auch wenn eine Umstellung der Ernährung, ein »Zurück zu unseren Wurzeln«, oft die beste Medizin gewesen wäre. Aber davon wissen viele Ärzte bis heute immer noch nichts.

Durch diese Gewöhnung an ständiges Essen kommt es dann dazu, dass eine Frau, die übergewichtig ist und schon erhöhte Zuckerwerte hat, eine vernünftige, patente Frau im Rentenalter, sich fragt, ob sie mit nur zwei Mahlzeiten am Tag überhaupt auskommen kann. Weil es plötzlich ungewöhnlich ist, nicht so oft zu essen, wie uns das in den letzten Jahrzehnten eingeredet wurde.

Und was besonders uns Frauen mit Diäten eingeredet wurde, war, dass man nicht zu viel essen sollte. Nicht zu viele Kalorien. Dann hatte man also viele kleine Mahlzeiten, aß sich aber nie satt, hatte immer Hunger. Das ist so etwas wie Selbstfolter. Aber wir haben es getan. Weil uns das von allen Seiten eingeredet wurde. Weil wir dachten, es wäre richtig.

Nun, es ist nicht richtig. Zwei Mahlzeiten am Tag, an denen man sich richtig satt isst, lassen unseren Insulinspiegel wegen der langen Essenspause zwischen den Mahlzeiten sinken, automatisch nehmen wir ab, und laut Dr. Fung und anderen Ärzten, die sich damit beschäftigen, verschwinden sogar der Diabetes, der hohe Blutdruck, die hohen Blutfettwerte.

Und man hat keinen Hunger. Man muss nicht auf Kalorien achten. Man kann sich bei den zwei Mahlzeiten richtig sattessen. So wie früher, als wir noch nicht darüber nachgedacht haben.

Klingt doch gut, oder nicht?

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