Und damit kommen auch die Krankheiten. Diabetes ist überall dort, wo die Menschen sich natürlich ernähren, unbekannt. Zumindest der am meisten verbreitete Wohlstandsdiabetes. Der angeborene Diabetes betrifft nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung, und er führt zum schnellen Tod, wenn er nicht behandelt wird. Die Menschen verhungern, weil ihnen das lebenswichtige Insulin fehlt. Selbst wenn man sie mit Tausenden von Kalorien täglich füttern würde, wären sie dem Tode geweiht, denn ihr Körper kann diese vielen Kalorien nicht verwerten.

Ein Zustand, den sich viele Übergewichtige wahrscheinlich wünschen würden. Bis auf die unausweichliche Folge des Sterbens natürlich. Aber ein Körper, der Kalorien nicht verwerten kann, egal, wie viel man isst? Wäre das nicht ein Traum für viele? Sich von morgens bis abends vollstopfen und trotzdem nicht zunehmen?

Mit Esskultur hätte das zwar nichts mehr zu tun, aber das interessiert heutzutage ja auch nur noch wenige. Wenn man in ein Fast-Food-Restaurant einer Imbisskette geht und das unter „Familienessen“ versteht. Fertiggerichte statt selbst aus frischen Zutaten kochen, Büchsen mit Getränken statt einfaches, frisches Wasser. Vorgefertigtes überall. Und immer weniger können wir kontrollieren, was da drin ist.

Ja, es gibt Verordnungen. Man kann die Etiketten und die Zutatenliste lesen, aber hilft das wirklich? Wie viele Leute tun das, und wie viele Leute legen die Süßigkeiten oder Fettes ins Regal zurück, nur weil draufsteht, wie viele Kalorien und wie viele unnatürliche Zusatzstoffe es hat?

Die Älteren werden sich noch an die früheren Tante-Emma-Läden erinnern. Wie viele Produkte gab es da? Wie groß waren die Läden? Was gab es dort hauptsächlich zu kaufen?

Kartoffeln. Brot. Milch. Käse. Butter. Eier. Gemüse. Obst. (Fleisch und Wurst gab es nur beim Metzger.)

Das war so ziemlich alles. Convenience-Produkte waren unbekannt. Es musste alles frisch zubereitet werden, wenn man es essen wollte. Viel lagern konnte man auch nicht, weil viele Leute gar keinen Kühlschrank hatten.

Natürlich gab es auch Zucker und Mehl. Aber merkwürdigerweise wurde damals niemand davon dick. Denn so etwas aß man nur in kleinen Mengen. Ohne darüber nachzudenken. Man zählte weder Kalorien noch Kohlenhydrate.

Es wurde jedoch auch nur zu den festen Mahlzeiten gegessen. Was meistens bedeutete: Frühstück, Mittag, Abendessen. Zwischendurch gab es nichts. Oder vielleicht mal einen Apfel. Süßigkeiten wurden nur an besonderen Gelegenheiten verteilt, zu Ostern und Weihnachten. Sonntags gab es mal einen Kuchen. Selbstgebacken natürlich.

Paradiesische Zeiten, könnte man heute meinen. Meine Großmutter würde das Wort Snack wohl kaum verstanden haben. Sie konnte kein Englisch. Und es gab auch keine Snacks. Wozu schließlich? Niemand braucht so etwas.

Es ist ziemlich deutlich zu erkennen, warum viele Leute damals natürlich schlank waren. Alles das, was besonders dick macht, war etwas, dass es nur zu besonderen Gelegenheiten gab. So selten, dass es keinen Einfluss auf unser Körpergewicht nehmen konnte.

Heute aber … gibt es das jeden Tag. Jeden Tag eine besondere Gelegenheit. Jeden Tag Süßes. Jeden Tag Kuchen. Jeden Tag süße Getränke. Jeden Tag Schokoriegel. Jeden Tag „mal schnell etwas für zwischendurch“. Jeden Tag Pizza und Pasta, Frittiertes und Fettes im Übermaß. Die Supermarktregale sind voll mit Dingen, die wir nicht brauchen, die unserem Körper sogar schaden, uns dick machen – und sie werden gekauft.

Und dann stehen wir da mit unserem Übergewicht und wundern uns? Wirklich?

Nein, zu wundern gibt es da nicht viel. Unser Lebensstil macht uns dick und ungesund, und wir wehren uns kaum dagegen.

Aber können wir das überhaupt? Bei dieser ständigen Berieselung? Fragen Sie mal einen Neandertaler. Der wäre auch überfordert. Und würde dick werden.

Wir können an den grundsätzlichen Gegebenheiten wenig ändern. Ob wir zu The Biggest Loser gehen oder nicht – kein Unterschied.

Der Unterschied besteht jedoch vielleicht darin, ob wir überhaupt die Voraussetzungen für The Biggest Loser erfüllen würden. Wären wir schlank, würden die uns gar nicht nehmen. Und wir hätten auch gar keinen Bedarf abzunehmen oder uns so einen Schwachsinn anzuschauen.

Jedenfalls sollte niemand denken, dass die The-Biggest-Loser-Diät in irgendeiner Form nützlich ist. Für den kurzfristigen Gewichtsverlust – ja. Aber das schafft wirklich jede Diät. Jede.

Und was auch jede Diät schafft, ist: Sie macht uns dick.

Wie schon zu Anfang erwähnt, führt eine permanente Kalorienreduktion dazu, dass der Körper sich anpasst. Er versucht, aus dem wenigen, das er bekommt, das meiste herauszuholen, die längste Fahrtzeit, um in der Analogie mit dem Auto zu bleiben. So wenig Verbrauch wie möglich.

Mittlerweile durchaus nicht unbekannt, obwohl es verschiedene Meinungen dazu gibt, einen richtigen Stoffwechselkrieg. Die einen behaupten, der Stoffwechsel fährt herunter, die anderen sagen, das stimmt nicht. Sie hängen weiterhin der alten CraP-Ideologie an, dass die Kalorien, die man verbraucht, sich nicht ändern (höchstens durch Sport erhöht werden. Aber wer logisch denken kann, wird da schnell auf die Idee kommen: Wenn etwas erhöht werden kann, kann es auch erniedrigt werden), es also immer das Versagen des einzelnen ist, wenn er nicht abnimmt oder nach dem Abnehmen wieder zunimmt.

Es ist jedoch kein individuelles Problem, es ist ein biologisches Problem. Für die menschliche Rasse war es überlebenswichtig, dass wir uns anpassen konnten, also tun wir das auch. Denn sonst hätten wir nicht überlebt. Die menschliche Rasse gäbe es gar nicht mehr. Und wir brauchten uns auch nicht mit Übergewichtsproblemen herumzuschlagen.

Logisch? Logisch.

Ausgangspunkt ist also: Es gibt uns noch. Das Modell Mensch ist ein Erfolgsmodell. Mehr oder weniger, könnte man sagen, aber im Großen und Ganzen stimmt es wohl. Wir sind anpassungsfähig, und das hat uns zu dem werden lassen, was wir nun sind: Die Herrscher dieses Planeten.

Nicht so gut für den Planeten, aber es ist eben, wie es ist.

Und da wir nun schon einmal da sind und uns niemand davon abhält, wollen wir es uns auch gutgehen lassen. Im Grunde genommen würde es uns nicht kümmern, was dabei herauskommt, aber wenn wir dann unter Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und zu hohen Blutfettwerten leiden, können wir oft nicht mehr umhin, uns zu kümmern.

Aber wie? ist da die Frage.

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Wird fortgesetzt

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