Warum man beim Fasten oder mehr als 16 Stunden nichts essen abnimmt und sein Gewicht auch hält, wenn man einmal sein Zielgewicht erreicht hat, das kann man ganz leicht verstehen. Weil der Körper nur einen begrenzten Vorrat an Nahrung speichern kann, hat er diesen Vorrat nach ein paar Stunden verbraucht und braucht Nachschub. Der kann dann von außen kommen (wir essen etwas) oder von innen (wir essen auch etwas, aber das kommt nicht von außen, sondern aus unseren Fettreserven). Beide Ernährungsweisen machen uns satt, aber wenn wir Fett verlieren wollen, ist logischerweise die zweite Art die sinnvollere.

Aber die Leute bei The Biggest Loser verlieren doch auch Fett. Eine Menge sogar. Und die fasten nicht. Die essen weniger und bewegen sich mehr, wie es in den letzten Jahrzehnten (davor nicht, da wusste man es besser) von Ärzten und Ernährungsberaterinnen empfohlen wurde. Also funktioniert das doch genauso, oder nicht?

Nicht ganz. Es sieht nur so aus. Die armen Opfer, die an The Biggest Loser teilnehmen und die Hoffnung haben, abzunehmen und das Gewicht dann hinterher auch halten oder eventuell sogar noch mehr verringern zu können, hoffen umsonst. Kaum ist die Sendung beendet, nehmen sie wieder zu. Werden dicker als zuvor.

Warum ist das so? Ganz einfach. Kalorienreduktion in der Form, dass man trotzdem über den Tag verteilt isst, viele kleine Mahlzeiten, und dann auch noch extrem viel Sport macht, bis man fast zusammenbricht (oder tatsächlich zusammenbricht), ist natürlich zuerst einmal erfolgreich, denn weniger Kalorien zu sich nehmen und mehr Kalorien verbrauchen funktioniert zuerst einmal tatsächlich. So wie wir uns das alle vorstellen.

Aber es gibt einen Grund, warum die Sendung jeweils nach 30 Wochen beendet ist. Das ist ungefähr ein halbes Jahr, und länger funktioniert die Methode nicht. Also kann man zu diesem Zeitpunkt dann die Erfolge verkünden. Würde die Sendung jahrelang laufen (mit denselben Kandidaten), würde jeder sehen, dass das dauerhaft nicht funktioniert, sobald man nicht mehr acht Stunden am Tag Sport macht und so gut wie nichts isst. Selbst wenn man dann normal isst und sich sogar noch mehr bewegt als vorher, nimmt man zu.

Denn weniger essen und sich mehr bewegen – auch in diesem extremen Maße, wie das die armen Biggest-Loser-Kandidaten tun müssen – bedeutet für den Körper nicht nur ständigen Stress (was zu Fetteinlagerung führt oder auf jeden Fall nicht zu Fettabbau), sondern es erzeugt in ihm auch einen heftig rot blinkenden Alarm, dass da irgendetwas mit der Energieversorgung von außen nicht in Ordnung ist, dass es da ein Ungleichgewicht gibt zwischen Verbrauch und Nachschub, und dass er deshalb den Energieverbrauch im Körper reduzieren muss, um dieses Ungleichgewicht so weit wie möglich auszugleichen.

Das tut er dann auch, man fängt an zu frieren, fühlt sich schwach und kraftlos, lustlos und deprimiert. Das alles führt dazu, dass man mehr schläft oder sich mehr ausruht, sich nicht zu irgendetwas aufraffen kann, damit man weniger Energie verbraucht und der Körper mit dem auskommen kann, was man ihm zuführt. Der Körper ist zudem vorausschauend und fährt den Energiebedarf sogar noch mehr herunter, als es eigentlich nötig wäre, in der Hoffnung, vielleicht wieder etwas für schlechte Zeiten einlagern zu können.

Und päng! passiert das auch. Man isst nur noch die Hälfte der Kalorien, die man vor der Biggest-Loser-Diät gegessen hat – lachhaft wenige Kalorien manchmal – und nimmt trotzdem massiv zu. Denn der Körper hat den Energieverbrauch von 1.500 Kalorien, was wir ihm mit der Kalorienreduktion vielleicht gerade noch so zugestehen, gleich auf 1.400 Kalorien oder noch weniger reduziert, sodass immer einmal 100 Kalorien oder mehr übrigbleiben, die er in Fett verwandeln kann.

Dann gehen wir auf 1.400 Kalorien herunter, sofort geht der Körper auf 1.300. Wir gehen auf 1.300, unser Körper geht auf 1.200 usw. Das kann man natürlich nicht endlos betreiben, dann würde man verhungern, also isst man wieder 1.500, 1.600, 1.700, 2.000 Kalorien oder mehr – und voller Begeisterung lagert unser Körper jede einzelne Kalorie davon ein, ohne sie zu verbrauchen, ist glücklich, dass er uns wieder in einen sicheren Hafen gebracht hat. Dass wir darüber sehr unglücklich sind, kann er natürlich nicht verstehen.

Deshalb werden die meisten Menschen nach jeder Diät im The-Biggest-Loser-Stil – also jeder Diät, die auf reiner Kalorienreduktion beruht, ohne die Essenszeiten einzubeziehen – sofort wieder dick und sogar dicker, als sie vorher waren. Aber das ist nicht ihre Schuld. Es ist die Schuld der Leute, die die bemitleidenswerten Biggest-Loser-Kandidaten gequält haben, genauso wie sie uns mit ihren Diätbüchern und Diätratschlägen und -zwängen quälen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.

Und dann sind wir schuld. Statt diejenigen, die uns und den Biggest-Loser-Kandidaten diese schlechten Ratschläge, die nur zu einem Desaster führen können, gegeben haben, dafür verantwortlich zu machen.

Aber wir sind ja schließlich erwachsen 😉, und deshalb können wir jetzt, mit all dem, was wir wissen, diese Leute in den Hintern treten und sagen: Du kannst mich mal. Du hast doch keine Ahnung!

Denn was wir wissen, ist: Es ist vor allen Dingen wichtig, WANN Du isst und WIE OFT Du isst, nicht so sehr, WAS Du isst. (Immer mit Hinsicht darauf, dass wir natürlich nicht so dumm sind, uns in der Zeit, in der wir essen, mit Zucker, TK-Pizza, Chips und Schokolade vollzustopfen, sondern mit natürlichen Lebensmitteln. Davon aber so viel, wie wir wollen.)

Und ja, ich habe jetzt gerade eben ein Brötchen gegessen, ein ganz normales Brötchen ohne Vollkorn oder irgendwas, reines Weißmehl. Das schadet mir auch nicht. Mal. Aber nicht ständig und nicht nur. Doch wenn ich Lust darauf habe, dann esse ich das. Allerdings nur einmal in der Woche oder so. Vielleicht auch nur einmal im Monat, je nachdem, worauf ich Appetit habe.

Es gibt so viele leckere Sachen ohne Weißmehl und ohne Zucker, dass ich manchmal überhaupt nicht daran denke, so etwas zu essen. Es gelüstet mich einfach nicht danach. 😃 Je weniger Zucker und Weißmehl man nämlich isst, desto weniger Lust hat man darauf. Weil das Insulin niedrig bleibt und keine Heißhungerattacken verursacht.

Das heißt, das Insulin hat mit unserem Hungergefühl weniger zu tun, dafür ist das Hormon Ghrelin zuständig. Das aber wiederum mit dem Insulin zusammenhängt. Viel Ghrelin bedeutet viel Hunger, wenig Ghrelin bedeutet wenig Hunger. Wenn man längere Zeit nichts isst, kommt das Ghrelin nach einer gewissen Zeit angetrabt wie ein kleines Kind, zupft am Rockzipfel und schreit: „Ich habe Hunger!“

Das allein bedeutet aber noch nichts. Denn wenn man darauf nicht reagiert und nichts isst, zieht sich das Ghrelin genauso wie ein kleines Kind nach einer gewissen Zeit maulend zurück, und wir haben keinen Hunger mehr. Normalerweise dann, wenn der Körper gemerkt hat, dass da ja noch Essen in den Fettreserven ist, das er verwenden kann.

Je öfter man längere Zeit nichts isst, desto kürzer wird dieser Zeitraum, habe ich festgestellt. Der Körper schaltet also immer schneller um und man hat immer weniger mit Hunger zu kämpfen. Nach ein paar Tagen Fasten, so zwei, drei Tage meistens, überhaupt nicht mehr. Weil der Körper dann völlig auf Fettverbrennung umgestellt hat und ständig satt ist, sich das an Energie aus unseren Fettreserven holt, was er braucht, sobald er es braucht.

Wenn diese Umschaltung einmal „geschmiert“ worden ist – denn ich habe das Gefühl, das ist, wie wenn man Öl in ein altes, rostiges Schloss giesst –, funktioniert sie fast ohne Übergang, während sie am Anfang vielleicht wegen des vielen Rosts länger gebraucht und sich nur quietschend und widerwillig mit Verzögerung in Bewegung gesetzt hat. Also reicht auch Intervallfasten von 16+ Stunden aus, um diese Umschaltung sofort zu aktivieren und kein Problem mit Hunger zu haben. Er kommt vielleicht kurz zu der Zeit, zu der man üblicherweise isst, aber der Körper guckt sozusagen nur kurz um die Ecke, ob da Essen angefahren kommt, stellt fest, nein, da kommt nichts, und geht sofort an die Fettreserven.

Das funktioniert mit einer Diät mit Kalorienreduktion leider nicht. Da passiert das Gegenteil: Das Ghrelin wird mehr und mehr, verursacht mehr mehr Hunger, es wird nicht auf die Fettreserven umgeschaltet, weil ja immer noch etwas, wenn auch wenig, von außen kommt, und irgendwann sind wir so hungrig, dass wir einfach etwas essen müssen. Was dann meistens in Heißhungerattacken ausartet, bei denen wir sehr viel mehr essen, als wir sollten. Und auch das Falsche, denn oft bekommen wir dann eine unüberwindliche Gier nach Süßem oder Weißmehl, nach der sogenannten „schnellen Energie“. Die macht aber nicht satt, und so beginnt der Teufelskreis.

Das ist das, was den The-Biggest-Loser-Kandidaten (und allen Leuten, die eine kalorienreduzierte Diät machen) dann passiert, ohne dass sie sich dagegen wehren können. Wir können unseren Hunger besiegen, aber nur dann, wenn wir nichts essen, nicht wenn wir nur wenig essen. Denn dadurch beruhigt sich das Ghrelin nicht.

Das Nicht-Essen muss aber nicht tagelang anhalten. Dafür reichen schon ein paar Stunden mehr als unsere Schlafenszeit. Man kann diesen Vorgang gewaltig ankurbeln, indem man drei oder vier Tage fastet, aber man muss nicht. Das funktioniert auch, wenn wir unsere nächtliche Fastenzeit nur jeweils um eine Stunde pro Tag erhöhen, also beispielsweise mit 12 Stunden zwischen 6 Uhr abends (Abendessen) und 6 Uhr morgens (Frühstück) anfangen, dann erst um 7 Uhr frühstücken, dann um 8 Uhr, dann um 9 Uhr, dann um 10 Uhr. Und schon haben wir die 16 Stunden erreicht.

Nicht die armen The-Biggest-Loser aber. Denn die kommen niemals an diesen Punkt. Sie quälen sich völlig umsonst, haben ständig Hunger und das auch noch Jahre später, nach dieser erzwungenen Gewaltkur. Denn das Ghrelin wird durch diese Art des Abnehmens massiv erhöht. Aus Angst, dass es wieder zu so einer lebensbedrohlichen Situation kommen könnte, schaut es nicht nur zweimal oder dreimal am Tag um die Ecke, um einen daran zu erinnern, dass jetzt Frühstück, Mittag oder Abendbrot angesagt ist, sondern es sitzt sozusagen dick und fett mitten auf der Straße. Den ganzen Tag.

Da hat man keine Chance. Man wird wieder dick. Deshalb sollte man sich gut überlegen, ob man sich von den „Erfolgen“ während der Show blenden lässt. Denn das sind keine Erfolge, das ist nur Augenwischerei. Es ist der Anfang vom Ende. Ein Desaster.

Die meisten dieser Leute wären heute dünner, wenn sie nicht an der Show teilgenommen hätten.

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